Siegener Zeitung, 06.08.1953: zurück

Siedler hielten beglückt Einzug ...

Die ländliche Nebenerwerbssiedlung in Burgholdinghausen fertiggestellt

Des Siedlers Heim - seine Freude und sein Stolz
Burgholdinghausen, 6. Aug. In der Gemarkung Burgholdinghausen, nicht weit vom Littfelder Bahnhof, ist in stiller Abgeschiedenheit eine Siedlung entstanden, die als eine noch jugendliche Lebenszelle Zeugnis von der Kraft des Aufbaues im Landkreis gibt. Ihre sechs Häuser stellen die erste ländliche Nebenerwerbssiedlung dar, die im Siegerland auf Grund des Bodenreform- und Siedlungsgesetzes errichtet und die Heimat für zwölf Familien wurde. Alles in allem hat die Siedlung, die von der Deutschen Bauernsiedlung GmbH in Düsseldorf unter der Aufsicht des Kreissiedlungsamtes erbaut wurde, eine Größe von rund sieben Hektar, die früher zum Gut Burgholdinghausen gehörten und - bis auf eine Halde - als Acker und Weide in ein halbes Dutzend Parzellen unterschiedlicher Größe zur Nutzung durch die Siedler gegliedert worden sind. Im Herbst vorigen Jahres begannen die Vorarbeiten für die Errichtung dieser Siedlung; mit dem zeitigen Frühjahr setzte die Bautätigkeit ein, und in der vergangenen Woche war bereits der Einzug der Siedler und ihrer Hausgenossen, die sie als Einlieger in ihr Heim aufnahmen.
In der Hauptsache handelt es sich um Ostvertriebenen-Familien, um bäuerliche Familien, deren Wirkungsfeld dereinst die Landwirtschaft im deutschen Osten war, bis der Krieg sie von Haus und Hof verjagte. Losgerissen von der Heimatscholle, verschlug das Schicksal auch sie ins Siegerland, die Väter ohne Hoffnung, jemals wieder den Pflug führen zu können. Dennoch, des eigenen Bodens und Hofes beraubt, blieben sie in ihren Herzen allen Stürmen der Notjahre nach dem Kriege zum Trotz, was sie immer waren: Bauern. Ein anderer Beruf nahm sie zwar auf, führte sie auf eine neue Lebensbahn, doch die Scholle, der Acker, die Viehzucht blieb ihre stille Sehnsucht, und jetzt ist es soweit, daß sie mit der übernahme ihrer Nebenerwerbssiedlungen von neuem wieder landwirtschaftlich tätig sein können, wenn auch nur in einem bescheidenen Bereich von 1,5 bis 3 Morgen. Die Arbeit, die sie für ihren Acker und Garten, für ihre Weiden und ihr Vieh leisten, wird ihnen zusätzlich manchen Gewinn bringen und was für sie ebenso wichtig ist: sie stehen in der Landwirtschaft.
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Blitzblanken Schmuckkästchen gleich leuchten diese sechs Siedlungshäuser mit ihrem schneeweißem Verputz in der Nachbarschaft des Kindelsberges weit ins Land hinein, umsäumt von Wäldern, Wiesen und fruchttragenden Feldern. Wie im Sonntagsstaat stehen sie inmitten eines reizvollen Landschaftsbildes da, eines genau so geformt wie das andere, mit großen, weiten Fenstern, tiefgezogenen, überstehenden Dächern, in bäuerlichem Stil aus Stein, Beton und Holz gefügt, mit angebauter Stallung für die Schweine, Ziegen und Geflügel. Unten im Erdgeschoß die Wohnung des Siedlers mit Wohn- und Wirtschaftsküche, einem Wohnzimmer, zwei Schlafräumen, oben in der ausgebauten Mansarde das Küche, Wohn- und Schlafzimmer umfassende Heim des Einliegers. Alle Räume ganz schlicht, freundlich hell, vom Tageslicht durchflutet - im wahren Sinne des Wortes gediegene Wohnstätten, in denen zu wohnen Freude machen muß.
„Und wie fühlen Sie sich in Ihrem Häuschen?“ - „Danke, sehr gut!“ So antwortet der Siedler strahlend ...
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Dieser Siedlung sollen wie in anderen Gebieten auch im Siegerland noch weitere in gleicher Art folgen. „Die guten Ergebnisse und Auswirkungen, die diese Siedlungsform auch für die beteiligten Gemeinden, ihre Wirtschaft und ihren Arbeitsmarkt bereits gezeigt hat, empfehlen sie“ - so sagt die Landesregierung - „zu einer noch weit stärkeren Verbreitung. Das Land Nordrhein-Westfalen wird im Rahmen seiner Leistungskraft alles tun, um die Errichtung möglichst vieler landwirtschaftlicher Nebenerwerbssiedlungen und Kleinsiedlungen in kurzer Frist zu fördern. Entscheidend für den Erfolg der Aktion ist aber, daß überall dort, wo die Voraussetzungen für die Schaffung einer oder mehrerer Nebenerwerbssiedlungen oder für die Errichtung von Kleinsiedlungen gegeben sind, das erforderliche Land in geeigneter Lage schnellstens zur Verfügung gestellt wird.“
Es ist zu wünschen und zu hoffen, daß es gelingt, im Siegerland noch mehr, viel mehr solcher Nebenerwerbssiedlungen zu errichten. Denn es geht nicht allein um die Schaffung neuen Lebensraumes; es geht um die Erhaltung des deutschen Bauerntums, des bäuerlichen Elementes aus dem deutschen Osten. Wie sagte doch der Bundeskanzler kürzlich auf dem Bundestreffen der Schlesier in Köln? „Ihr werdet in die Heimat zurückkehren, glaubt fest daran!“